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22.02.2010      23. Reisetag - Olmuti Krater

Auch heute beginnt der Tag entspannt. Wie schon während meines ganzen Urlaubs wache ich relativ früh auf. Als es gegen 7.00 Uhr Frühstück gibt, habe ich bereits gepackt und mein Zelt abgebaut. Etwa eine Stunde später ist auch das Kochgeschirr verpackt und im Jeep verstaut. So kann es los gehen zu unserem ersten Ziel am heutigen Tage, dem Olmuti Krater. Ursprünglich laut der Reisebeschreibung soll die Führung durch einen Massai erfolgen und die Wanderung am Krater etwa drei Stunden dauern. Stattdessen war ein Ranger dabei, der seinen obligatorischen Nachbau einer AK47 dabei hatte. Wofür die nun genau nötig war, habe ich nicht verstanden, da wir keinerlei Tiere gesehen haben. Mein Ranger hat jedenfalls mit dem ansteigenden Pfad so seine Schwierigkeiten. Er läuft anfangs los wie die Feuerwehr. Da dachte ich noch „hoppla, da musst du dich aber mächtig sputen“. Aber schon nach ein paar hundert Metern muss er eine Verschnaufpause einlegen. Anfangs habe ich noch ein paar Fragen gestellt, mit zunehmender Atemnot des Rangers habe ich das aber lieber unterlassen.

An dieser Stelle ist vielleicht ein guter Ort, um ein bisschen auf die Massai einzugehen. Hier in der Ngorongoro Conservation Area haben die das Recht ihre Herden in den ansonsten als Nationalpark ausgewiesenen Gebieten weiden zu lassen. Außerdem dürfen sie für den Eigenbedarf auch Ackerbau betreiben. Folglich leben hier domestizierte Tiere wie Ziegen und vor allem Rinder mit Wildtieren zusammen. Man sieht auch überall die Jugendlichen und jungen Männer in den traditionellen Tüchern beim Hüten der Herden. Als Transportmittel für Lasten benutzen sie Esel. Die Rinder sind für die Massai Symbol des Reichtums. Einen wirklichen Nutzwert haben sie nicht, sie dienen lediglich als Zahlungsmittel. Wobei noch vor wenigen Jahrzehnten eine Familie durchschnittlich 26 Rinder besaß, heute sind es noch 5. Wobei auch diese statistischen Zahlen etwas hinken, denn nicht alle Massai leben heute noch auf dem Lande. Das Leben in den Dörfern ist hart und entbehrungsreich, so sind sie hier noch Meilenweit von Elektrizität oder fließendem Wasser entfernt. Sowohl Männer als auch die Frauen tragen die traditionellen Tücher, auch wenn man an den Straßen nur Männer sieht, allenfalls auf den Märkten der größeren Ortschaften sieht man auch Frauen außerhalb ihrer Dörfer. Die Männer stehen nicht selten auch in vollem Schmuck an den Pisten in der Ngorongoro Conservation Area, um Touristen in ihre Dörfer zu locken. Sie versuchen sich dort dann durch Fotos oder Besichtigung ihrer Behausungen ein paar TSH bzw. Dollar zu verdienen. In den Dörfern werden dann auch wieder der selbst gemachte Schmuck und ihre Schnitzereien angeboten. Ihre Rundhütten haben keinerlei Fenster oder Verzierungen, Möbel sucht man meist vergeblich, dafür brennt im inneren immer ein kleines Feuer. Mit verschiebbaren Dornenhecken funktionieren sie ihre Siedlung in einen Krahl um, nachdem sie ihr Vieh hinein getrieben haben, um es vor Raubtieren zu schützen.

Soweit mal zum mehr oder weniger Positiven. Die Weltanschauung der Massai hat auch ein paar Punkte, die sich mit unseren Werten ziemlich schwierig vereinbaren lassen. So darf ein Mann soviele Frauen „besitzen“ wie er möchte, er muss sie nur zum Beispiel mit Rindern bezahlen können. Anschließend weist er den Frauen einen Platz für das Haus zu. Bauen müssen es die Frauen dann selbst. So muss sie auch alle Arbeiten rund um Haus und Heim verrichten. Der Mann ist nur Hüter über die wichtigsten Tiere und Krieger, alles andere ist Frauensache. Auf die Krieger geht auch der Sperr, den sie meistens bei sich haben, und der Stock, den sie immer unter den Tüchern tragen, zurück. Sie begreifen sich aus ihrer Religion heraus, als die Hüter aller Rinder, weshalb sie diese früher auch gewaltsam raubten. Überhaupt gelten sie in Europa ja als körperlich große, kräftige und grausame Krieger. Heute sind es aber eher erbärmliche Gestalten. Ein Teil von ihnen versucht moderne Elemente in ihre Kultur einzubauen, aber immer noch gibt es viele Hardliner, die nur in der überhaupt nicht mehr zeitgemäßen Tradition den richtigen Weg sehen. Das treibt aber zugleich viele Massai völlig aus ihrer Kultur heraus, die sich dann auch gleich ganz von ihrem Clan zurückziehen und in den Städten ihr Heil suchen. Das bedeutet dann auch eine normale Schule und Ausbildung für ihre Kinder.

Um ihrem Ruf als Krieger auf die Spur zu kommen, ist ein Blick in die Geschichte nötig. Ursprünglich kommen die Massai vom Nil und dort vor allem aus dem heutigen Sudan. Sie betrieben Ackerbau und Viehzucht und sind so langsam nach Süden vorgedrungen. Mit der Zeit wurden sie in ihrem Vorgehen immer kriegerischer. Zur Orientierung haben sie dabei an markanten Punkten Markierungen angebracht. Diese dienten sowohl nachrückenden Massai als auch bei einer möglichen Rückreise oder einer einstweiligen Rückzug als Orientierung. Im 18. Jahrhundert dürften sie dann ihre Hochzeit gehabt haben, und das sowohl bezüglich ihrer geografischen Ausdehnung als auch in ihrer Brutalität gegenüber den anderen Völkern. Von Durchreisenden verlangten sie Wegezoll in gut handelbaren Waren. Dann suchten sie Epidemien wie Cholera und die Pocken heim. Dürren und Rinderpest taten für ihren Niedergang dann ein Übriges. So geschwächt waren sie den zuvor unterworfenen Bergvölkern jetzt unterlegen und wurden wieder zurück gedrängt. Heute leben sie im südlichen Kenia und im nördlichen Tansania. Man schätzt ihre Zahl noch auf rund 135000 mit weiter abnehmender Tendenz. So ist es um ihre Kultur schlecht bestellt. Um jetzt noch mal auf die landläufige Bild in Europa der großen, aristokratischen und kräftigen Massai (Krieger) zu kommen. Körperlich sind sie sicherlich relativ groß, wenn auch nicht gerade über alle Maßen außergewöhnlich, und ihre Haltung ist sehr gerade und sehr stolz, aber kräftige Körper haben sie nicht gerade. Sie sehen eher schon schlecht ernährt aus. Nicht selten haben sie keine Schuhe an, oder wenn bestehen die Sandalen aus alten Autoreifen, und unter ihren Tüchern luken dann T-Shirt oder Fleece-Jacke hervor, dann hat es nichts mehr von stolzen Kriegern. Auch in der tansanischen Gesellschaft sind sie nicht sehr hoch angesehen, wichtige Positionen haben praktisch kaum Massai inne, was aber auch an ihrem Lebensstiel liegt.

So jetzt aber wieder zu meinem Tag, und der ist schnell erzählt. Nachdem kurzem kaum einstündigem Gang an den Rand des Olmuti Kraters, geht es wieder zurück zum Jeep. Damit geht es dann zurück in Richtung Moshi. Auf dem Rückweg fährt mein Guide und Fahrer nicht ganz so aggressiv wie auf der Hinfahrt, was aber wegen des damaligen Magenproblems auch nur subjektiv so gewesen sein mag. Überhaupt ist insbesondere in den Städten alles richtig was einen weiter bringt. Staus und Stockungen gibt es im Verkehr in Arusha genauso wie bei uns in den größeren Städten. Nur gibt es hier nahezu keine Fahrbahnmarkierungen. So werden aus einer Spur schnell mal drei. In der linken Spur, hier gibt es Linksverkehr, sind fast nur DalaDala unterwegs, also die Kleinbusse die hier den öffentlichen Nahverkehr darstellen. Die drängeln dann aber auch permanent wieder in die Mittelspur oder fahren auch wieder genauso überraschend wieder an den Rand. In den beiden anderen Spuren tummeln sich die restlichen Fahrzeuge, außer den kleinen hier üblichen Motorrädern, die fahren sowieso kreuz und quer zwischen allen durch. Und wenn auf der eigenen Spur mal jemand entgegen kommt, dann wird die eigene Richtung möglicherweise mal eben auf zwei Fahrspuren verengt. In ganz Arusha, immerhin eine Stadt mit rund 260000 Einwohnern, habe ich nur drei Ampeln gesehen, und davon war eine gerade außer Betrieb. Auch mit Verkehrsschildern geht man hier sehr sparsam um. Und Geschwindigkeitsbegrenzungen werden eher als Idee gewertet. Und mit 80km/h im Ort überholen ist nichts Besonderes. Außerhalb geschlossener Ortschaften wird ohnehin überall überholt, wo es nicht völlig aussichtlos ist. Und das war nun keine besondere Angewohnheit von meinem Fahrer. Ich bin dabei tendenziell auch kein Kind von Traurigkeit, aber hier ist es selbst mir etwas dolle. Gehupt wird natürlich auch zu allen möglichen Anlässen, wie jemanden überholt haben, einer geht einem auf die Nerven, den kenn ich oder man meint manchmal auch nur einfach so. Gleichzeitig hält man aber auch mal kurz an und hält einen kleinen Plausch durch die geöffneten Seitenscheiben der Fahrertür. Da ignoriert man dann auch das Gehupe anderer völlig ungerührt. Ohnehin ist das mit dem Gespräch manchmal so eine Sache, dabei schaut man seinem Gegenüber nicht unbedingt an, sondern blickt vielleicht auch in eine ganz andere Richtung. Man hat Freunde, von denen man aber den Namen nicht kennt. Überhaupt haben hier viele zwei Vornamen, einen in Swahili und einen christlichen, dann dazu noch den Namen es Clans. Aber schon die Bezeichnung der Sprache hier ist ja mit einer Reihe von Bezeichnungen belegt. So meint Swahili, Suaheli, Kisuaheli und Kiswaheli alles das gleiche, nämlich die hiesige Amtssprache. Sie ist ein Mischmasch aus den afrikanischen Bantusprachen und arabischen Einschlägen aus der Zeit, als hier in Sansibar und auch anderen Teilen des Landes die Omani regiert haben.

Vielleicht ist noch ein kleiner Nachtrag zum Verkehrsverhalten notwendig. Wir sind mehrfach in eine Polizeikontrolle geraten. Dazu muss man sich nicht unbedingt eine mehr oder weniger kleine Regelübertretung erlaubt haben. Dabei wird man einfach heraus gewunken, dann legt der Polizist eine Strafe fest und sucht dann fast schon im Nachhinein das Verkehrsdelikt dazu heraus. Dazu ein Beispiel: bei unserer heutigen Rückfahrt wurden wie „ausgewählt“. Fahrzeuge die mit oder ohne Fahrer vermietet werden, auch „mein“ Jeep zählt dazu, da damit Safari-Touren gefahren werden, habe weiße Nummernschilder, die anderen Fahrzeuge haben gelbe. Deshalb gehen viele Polizisten davon aus, dass bei den Fahrzeugen mit weißen Nummernschildern Touristen unterwegs sind, also auch Geld vorhanden und damit zu kassieren ist. Wir wurden also heraus gewunken. Es wurde eine Strafe festgelegt, dann im Nachsatz die Begründung nachgeliefert: es befindet sich kein Aufkleber der Gesellschaft an dem Fahrzeug, die damit Touren veranstaltet. Kennt man einen höher gestellten Beamten vor Ort, wird die Strafe aber genauso schnell wieder erlassen wie erhoben. Gleiches kann zuweilen auch durch geschicktes Handeln erreicht werden, was in dem oben beschriebenen Fall auch meinem Fahrer gelang.

Irgendwann gegen 16.30 Uhr bin ich dann heil und wohlbehalten wieder am Basecamp angekommen. Da meine Reise jetzt auch fast zu Ende ist, reinige ich nur noch grob meine Schuhe, den immer noch feuchten Schlafsack und die Isomatte hänge ich noch zum Trocknen auf. Ansonsten folgt nur noch die eigene Körperpflege, die erste richtige nach auch schon wieder sechs Tagen, man gewöhnt sich eben an alles. Es ist ja nun schon das dritte Mal, dass ich in solchen Umständen zurück ins Basecamp komme.